Faksimiles – Buchkunst für alle

Passion und Ostern in der mittelalterlichen Buchmalerei zeigt zurzeit eine Faksimile-Ausstellung in der Christuskirche. Die 16 gerahmten Seiten stammen aus verschiedenen liturgischen Büchern und Bibelhandschriften, die zwischen dem 6. und 14. Jahrhundert, der Blütezeit der Buchmalerei entstanden und Teil einer Sammlung sind, die Presbyter Holger Büchsenschütz zusammengetragen hat.

Noch bis einschließlich Pfingsten haben Gemeinde und Besucher Gelegenheit, die detailreichen Zeugnisse historischer Buchkunst zu studieren. Über Herkunft, Inhalt und Geschichte der Arbeiten informiert eine Broschüre, die in der Kirche ausliegt.

Passion und Ostern: eine Seite aus dem Mainzer Evangeliar

Vom Original kaum zu unterscheiden

Ein Faksimile ist die originalgetreue Nachbildung bzw. Reproduktion einer Vorlage, sehr häufig eines historisch bedeutsamen Buches, aber auch von alten Urkunden. Durch die heutigen Möglichkeiten der digitalen Fotografie ergeben sich immer bessere Möglichkeiten, von alten Büchern originalgetreue Nachbildungen zu erstellen. Wichtig ist, dass ein Faksimile der Vorlage in Größe, Farbe und Erhaltungszustand möglichst exakt entspricht. Das gilt auch für den Einband eines faksimilierten Buches. Aufgrund des hohen Aufwandes bei der Herstellung sind vollständig faksimilierte Bücher recht teuer. Sie kosten zwischen 2.000 und 12.000 Euro. Die Auflagenhöhe der Faksimiles liegt meist zwischen 500 und 990 Exemplaren. Deshalb erstellen einige Verlage neben dem vollständigen Buch oft auch einzelne Seiten.

Das Faksimile eines historisch bedeutenden Dokuments bietet die Möglichkeit, es Forschung und Öffentlichkeit einfach zugänglich zu machen. So können mittelalterliche Handschriften mit Buchmalereien literarische Manuskripte erhalten werden: Das Original verbleibt in einer sicheren Umgebung.

Digitale Technik plus altes Handwerk – In den wenigen auf die Herstellung von Faksimiles spezialisierten Buchdruckereien kommen nicht nur digitale Techniken für das Scannen oder Fotografieren der Originalvorlagen zum Einsatz, sondern auch alte Handwerkstechniken, zum Beispiel beim Binden und Schneiden der nachgebildeten Seiten. Bei Büchern werden die Einbände – soweit noch im Original vorhanden – entsprechend originalgetreu nachgebildet mit gleichen oder ähnlichen Materialien, oft spezielles Leder, Samt oder Seide. Falls notwendig werden Nachbildungen von Goldschmiedearbeiten angefertigt oder Abgüsse von geschnitzten Reliefs aus Elfenbein auf dem Einband oder als Schließen montiert.

Wissenschaftliche Kommentierung – Vielen Faksimiles werden wissenschaftliche Kommentarbände beigegeben, die über Geschichte und Bedeutung des Originals informieren. Die in der Ausstellung gezeigten Seiten stammen wurden seit ca. 1980 von unterschiedlichen Verlagen faksimiliert. Sie sind den Originalbüchern in Schrift- Bild- und Papierfarbe absolut ähnlich. Teilweise ist zu erkennen, welche Teile der Seiten beschädigt oder abgegriffen sind.

Eine kurze Darstellung der Tätigkeiten, die zur Herstellung eines gelungenen Faksimiles nötig sind, ist zu Beginn der Präsentation nachzulesen. Über einen QR-Code kann ein Kurzfilm abgerufen werden, der die aufwändige Herstellung am Beispiel des „Codex Gisle“, von dem in der Ausstellung auch eine Seite zu sehen ist, zeigt.

Inzwischen werden viele alte Handschriften auch online bereitgestellt. Sofern es zu einer der hier gezeigten Seiten möglich ist, ist über einen QR-Code der Zugriff per Smartphone möglich.